Montag, 15. September 2025

Zusammenfassung des Zoom-Treffens zum Thema "Wünschen?" (28.08.2025)

Aus unserer Angebotsreihe "Wochenkinder Sachsen":

Am Beginn unseres Treffens gab es als "Warmup" eine erste kurze Wunschrunde. Die meisten der Wünsche bezogen sich auf eine gegenseitige Bereicherung und gemeinsamen Erfahrungsaustausch.

Schwierigkeiten, Wünsche auszusprechen

Als wesentlicher gemeinsamer Nenner dieses Zoom-Treffens erwies sich die grundsätzliche Schwierigkeit, eigene Wünsche klar zu formulieren und auszusprechen. Mehrere Teilnehmende berichteten, wie schwer es ihnen fällt, ihre Wünsche zu benennen. Dies ergäbe sich teilweise aus Unsicherheiten, inneren Begrenzungen oder der Angst, sich zu viel zu wünschen oder nicht verstanden zu werden. Diese Hemmungen wurzelten häufig in früheren Lebenserfahrungen, etwa in der Kindheit, in der Wünsche ignoriert, abgelehnt oder nicht ernst genommen wurden. Dadurch entstand eine Art Selbstzensur oder der Impuls, Wünsche gar nicht erst zu äußern, um Enttäuschungen oder Konflikte zu vermeiden.

Wünsche oder Bedürfnisse?

Die Diskussion zeigte, dass es zu Unsicherheiten und Verwechslungen zwischen Wünschen und Bedürfnissen kommen kann. Bedürfnisse wurden als grundlegender und oftmals schwerer zu benennen empfunden, weil sie Verletzlichkeit und Abhängigkeit offenbaren. Wünsche hingegen wirken oft zugänglicher, können aber ebenfalls mit inneren Konflikten verbunden sein. Für manche war es leichter, Wünsche zu formulieren als Bedürfnisse, da letztere als Schwäche oder Machtübergabe an andere erlebt wurden.

Kindheitserfahrungen und ihre Folgen

Kindheitserfahrungen spielten bei unseren Erzählungen eine zentrale Rolle im Umgang mit Wünschen. Viele berichteten von negativen Erfahrungen, wie abgelehnten oder ignorierten Wünschen, die Frustration, Enttäuschung und ein Gefühl der Ablehnung auslösten. Solche Prägungen können dazu führen, dass man später große oder tiefgehende Wünsche nicht äußert. Deutlich wurde auch, dass Wünsche nicht nur materielle Dinge betreffen, sondern ebenso emotionale Bedürfnisse nach Nähe, Anerkennung, Sicherheit und Frieden.

Wünsche als Sehnsüchte

Wünsche wurden auch als Ausdruck von Sehnsüchten verstanden, die sich oft auf Zugehörigkeit, Verständnis, Freiheit und Selbstverwirklichung beziehen. Sie spiegeln den Wunsch wider, das eigene Leben zu gestalten und sich selbst besser zu verstehen. Dabei spielen auch gesellschaftliche und familiäre Erwartungen eine Rolle, die den Raum für eigene Wünsche einengen oder beeinflussen können. Einige Teilnehmende äußerten den Wunsch nach mehr Raum, Leichtigkeit und Weite – sowohl im physischen als auch im psychischen Sinne.

Wie umgehen mit unerfüllten Wünschen?

Unerfüllte Wünsche führten zu Emotionen wie Enttäuschung, Angst, Wut und Frustration. Viele hatten gelernt, sich mit weniger zufrieden zu geben, um Enttäuschungen zu vermeiden. Zugleich wurde der Wunsch nach einem besseren Umgang mit diesen Erfahrungen deutlich – etwa durch eine versöhnliche Erzählweise, die negative Erlebnisse ohne Schuldzuweisungen integriert.

Vielschichtige Einflüsse der Familie

Familiäre Beziehungen, insbesondere die zu Eltern und Geschwistern, prägen stark, wie Wünsche erlebt und ausgedrückt werden. Neid, Eifersucht und unerfüllte Erwartungen spielten ebenso eine Rolle wie Projektionen elterlicher Wünsche auf die Kinder. Oft mussten eigene Wünsche zurückgestellt oder angepasst werden, um familiären Anforderungen gerecht zu werden. Dies hatte Auswirkungen auf das Selbstbild und die Fähigkeit, authentische eigene Wünsche zu erkennen und zu leben.

Im Erwachsenenalter verändern sich Wünsche. Sie werden differenzierter und komplexer. Wir reflektierten über die Kindheit und deren Einfluss auf ihre heutigen Wünsche und Bedürfnisse. Es entstand der Wunsch nach mehr Balance zwischen persönlichem Leben und familiären Verpflichtungen sowie nach mehr Raum für eigene Anliegen. Zugleich wurde Bescheidenheit als Strategie beschrieben, um Enttäuschungen zu vorzubeugen.

Rechtfertigung, Akzeptanz und Selbstwahrnehmung

Ein weiteres Thema war die Frage, warum Wünsche oft einer Rechtfertigung bedürfen. Kritisch wurde hinterfragt, weshalb Wünsche nicht einfach akzeptiert werden können, ohne Begründungen zu liefern. Die Forderung nach einem neuen narrativen Umgang mit Wünschen und der eigenen Lebensgeschichte wurde deutlich – einer Erzählweise, die weniger kritisch und mehr versöhnlich ist und Raum für Akzeptanz schafft. Der Wunsch wurde formuliert, offener und vielfältiger über die Wochenkindervergangenheit zu erzählen.

Mehrere Teilnehmende verbanden diese Wünsche mit dem tieferliegendem Bedürfnis, sich selbst besser zu verstehen und anzunehmen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie, insbesondere mit schwierigen Kindheitserfahrungen, wurde und wird als Lernprozess erlebt, der Heilung und Normalisierung ermöglicht. 

Eine wichtige Frage, die das leibliche Spüren betraf, lautete: Wo in mir kann ich meine Wünsche wahrnehmen?

Rituale und Selbstfürsorge


Kurz vor Ende des Treffens wurde die Bedeutung von Ritualen wie Geburtstagen erörtert. Hier spiegelten sich persönliche Einstellungen und Wünsche wider, die sich im Laufe des Lebens bei den meisten von uns verändert haben. Für die Mehrheit stand weniger das "materielle" Feiern im Vordergrund, sondern das bewusste Erleben und Gestalten des Tages, verbunden mit mehr Selbstfürsorge. 


Insgesamt wurde der Austausch in der Gruppe als bereichernd erlebt, da er neue Denkanstöße und Aha-Momente eröffnete. Im Mittelpunkt standen gegenseitige Anregung, Unterstützung und das Gefühl, verstanden zu werden. Besonders der geschützte Rahmen ermöglichte es, Wünsche und Bedürfnisse auszusprechen – trotz aller Schwierigkeiten bei ihrer Formulierung.


In einer abschließenden Runde wurden weitere Folgethemen für unsere nächsten Zoomtreffen am 30.10. und 04.12.25. beraten und abgestimmt.

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Ich möchte an dieser Stelle noch zwei weitere Anregungen ergänzen:

Erstens: statt direkt zu fragen, "Was wünsche ich mir?" kann es leichter sein, sich diese Fragen zu beantworten: 

Was mag ich? 
Wo bin ich gerne?
Bei wem bin ich gerne? 
Welche Dinge benutze ich gerne? 
Worüber denke ich oft nach? 
Wovon "tagträume" ich häufig? 

Zweitens: Zum Thema Trauma und Wünsche möchte ich auf Eugen Drewermanns tiefenpsychologische Deutung des Grimmschen Märchens „Das Mädchen ohne Hände“ verweisen. Seine "2. Sommervorlesung 2023: Märchen als Therapie" - hier in diesem Videobeitrag - sei dazu allen Interessierten wärmstens empfohlen.

(Rico)

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