Donnerstag, 28. August 2025

Zusammenfassung des Zoom-Treffens zum Thema "Wer bin ich wirklich?" (26.06.2025)

Aus unserer Angebotsreihe "Wochenkinder Sachsen":

Der Moment des Erfahrens über die Wochenkrippe führt oft zu einem ganz neuen Auseinandersetzen mit sich selbst und seinen Eltern. Manche Betroffene wussten es schon immer, manche haben es erst vor kurzem erfahren. Die, die es schon früh wussten, haben die Bedeutung dessen manchmal trotzdem erst später erfasst, zum Beispiel in einer Therapie. Die, die es erst vor kurzem erfahren haben, haben auch oft gar keine Erinnerungen an diese Zeit und müssen mühsame Nachforschungen bei ihren Verwandten anstellen. Und oft haben sie sich schon immer gefragt, „Was ist mit mir los?“

Mit der Erkenntnis lichten sich dann plötzlich viele Dinge und man fühle sich wie befreit.
Wichtig sei es dabei, zu erkennen, dass eventuelle Probleme und Symptome nicht persönlichkeitsspezifisch sind, sondern von außen verursacht wurden, auch wenn sie lange Zeit nachwirken.

Individuelle Impulse wurden eventuell in der Wochenkrippe unterdrückt und wohlwollende Aufmerksamkeit gab es dort vielleicht nur gegen Gehorsam und die meisten Dinge gehörten einem nicht, sondern man musste sie teilen. Dadurch wurde der Zugang zu eigenen Wünschen und eigenem Selbsterleben (bis hin zur Identität) und -fühlen erschwert. Diese erscheinen oft wie verschleiert oder wie ein blinder Fleck. Manche fühlen sich wie „unsichtbar“, „fremd“, „nicht zugehörig“.

Exponierte Situationen, in denen man im Rampenlicht steht oder bei denen man die Führung übernehmen musss, wurden als unangenehm beschrieben. Der Wunsch nach Privatsphäre, also einem sicheren Rückzugsort, wird vielleicht übermächtig oder Privatsphäre wird zu einem Fremdwort und man fühlt sich nirgends wirklich sicher. Oder man zieht sich in den eigenen Kopf zurück.

Zum Selbsterleben gehört manchmal auch das mangelnde eigene Gefühl für den Körper. Aber auch die Empathie für das menschliche Umfeld erscheint manchen wie „verstellt“. Entweder werden andere Menschen und ihre Emotionen nur sehr schwach wahrgenommen oder im Gegensatz viel zu „laut“, überdeutlich und manchmal überwältigend. 

Das spiegelt sich dann auch in den Verhaltensweisen wider, wenn man zum Beispiel zu viel oder zu wenig für andere tut. Oder wenn man bestimmte Sachen, auch in der Körpersprache, nicht kommunizieren kann oder erst zu spät und eventuell dann zu laut. Gut reguliertes Verhalten müsse man erlernen, um den Umgang mit anderen Menschen zu genießen.

Schatztruhenrunde: Resilienz, Durchhaltevermögen, Anpassungsvermögen, „Ich darf mir meinen Raum heute selbst gestalten“, Sensibilität, Anderssein, von Menschen als wertvoll wahrgenommen werden, Neugier, Offenheit, Kritikfähigkeit, Uneitelkeit, ein leiser Mensch sein, sich selbst annehmen und das Leben entsprechend anpassen, sich dem Moment (der Gegenwart) stellen und ihn aushalten, die Vergangenheit neu verstehen, die eigne Schatzkiste suchen, Perfektionismus, Leute analysieren, weniger machen lernen, Bedürfnisse erkennen lernen, sich seinen Raum bewahren und ihn öffnen, Menschen suchen, die gut tun, Gefühle überspielen können.

Donnerstag, 14. August 2025

Disclaimer und Impressum

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Impressum Angaben gemäß § 5 TMG: Rico Berthold i.V. Selbsthilfegruppe "Dresdner Wochenkinder“ wokidresden@gmail.com

Freitag, 1. August 2025

Körpertherapie- & Bonding-Schnupperworkshops

EXKLUSIV FÜR EHEMALIGE WOCHENKINDER aus unseren SELBSTHILFEGRUPPEN 
Kostenfreie Angebote in Berlin, Schwerin und Potsdam in den kommenden 3 Monaten

Ehrenamtlich organisiert, finanziert und ermöglicht haben dies die drei Wochenkinder-Selbsthilfegruppen aus Mecklenburg-Vorpommern, Potsdam und Berlin.

 

Alle Informationen zu den Angeboten sind unter: www.wochenkinder.de 

und in unserer Facebook Gruppe zu finden: https://www.facebook.com/groups/124680971582432

 

SAVE THE DATE!

Sa, 16.08.25, 14:00 Uhr in Berlin, Schnupperworkshop Körpertherapie mit Susana Silva

Sa, 13.09.25, 14:00 Uhr in Schwerin, Schnupperworkshop Körpertherapie mit Susana Silva

So, 14.09.25, 11:00 Uhr in Potsdam, Bonding-Therapie mit Ute Reichle-Schedler

Sa, 18.10.25, 14:00 Uhr in Berlin, Schnupperworkshop Körpertherapie mit Susana Silva

  

Wichtig!

Bitte beachte die unterschiedlichen Anmelde-Adressen für die jeweilige Veranstaltungen

berlin@wochenkinder.de

meckpomm@wochenkinder.de

potsdam@wochenkinder.de

 

 In der Hoffnung, dass auch etwas für Dich dabei ist!

 Eure Selbsthilfegruppen aus Berlin, Mecklenburg-Vorpommern und Potsdam







Kreativgruppe "WG 6", 01.08.2025

Heute haben wir gemeinsam den diesjährigen August eingeläutet 🌻🌻🌻

Die Idee war, jeweils ein Obst 🍎🫐🍉🥝 mitzubringen


oder selbst gepflückte Blumen 🌼🌸🌺


Zeichenpapiere, Aquarellstifte, Pinsel und Fingermalfarben gesellten sich dazu und luden nach einer allmählich herantastenden Anwärmphase zum Ausprobieren ein ...


👇👇👇


"sinnlich - wild - lodernd"

"augustapfelig"

unsere reich gedeckte "Kreativ-Tafel"

🎨👆


 Das nächste Treffen ist am 5. September 

Anmeldung & Treffpunkt siehe hier!

Montag, 14. Juli 2025

Zusammenfassung des Zoom-Treffens zum Thema „Abschiede“ (05.09.24)

Aus unserer Angebotsreihe "Wochenkinder Sachsen": Folgende Punkte hatten sich den einzelnen Wortmeldungen zufolge herauskristallisiert:

Einige von den Teilnehmer/innen sagten, es sei für sie einfacher, sich von Personen zu verabschieden, die sie mögen und wenn der Abschied nicht von Dauer ist. Oder: Es sei besser zu verlassen, als verlassen zu werden, um Verletzungen zu minimieren. Oder: Aus schwierigen Beziehungen verabschiede man sich meistens zu spät und im Streit. Andere teilten die Beobachtung: Eventuell komme die Trauer nach einem Abschied verzögert oder äußere sich durch unklare Gefühle oder körperliche Phänomene. Manche empfinden beim Abschied aber auch nichts. 

Einen unangenehmer Beigeschmack entstünde, wenn sich Menschen nicht verabschieden oder kommentarlos zurückziehen würden. Dann bliebe immer das „Warum?“ zurück. Der Abschied als solches sei wichtig als menschliches Ritual, als Höflichkeitsform. Zum Beispiel bei Seminaren oder Fortbildungen könne ein einfaches Verschwinden als unhöflich oder als Desinteresse an der eigenen Person empfunden werden.

Todesfälle, als Abschiede für immer, sind für die meisten schwer zu ertragen, besonders wenn diese plötzlich auftreten oder nicht darüber kommuniziert wird. Hier würde sich mancher von uns trotz fortgeschrittenen Lebensalters besonders hilflos fühlen, was auch als Empathielosigkeit gedeutet werden könnte.

Frühkindliche Abschiede

Das Leben von Wochenkindern begann mit einer schweren Last, es erfordert Mut und Vertrauen, negative Gefühle auszuhalten. Beim jähen Abbruch der Beziehung zur Mutter bei der Übergabe an die Wochenkrippe am frühen Montagmorgen war es jedesmal unklar, wann und ob sie wiederkommt. Der Abschied in der Wochenkrippe verlief in der Regel sehr kurz und schnell, daher bevorzugen heute noch einige von uns offenbar lieber schnelle Abschiede.

Beim Thema „Kontakt-halten“ waren wir uns einig, dass einseitiges Kontakt-halten insbesondere mit "Bezugspersonen", wie Eltern, Partnern, oder "Familie" sehr anstrengend ist. Es kam die Empfehlung, sich aus einseitigen Kontakten auch „in Liebe zu verabschieden“ - anstelle von "Trennung" oder "Abbruch" lässt man freundlich los. Diese Form des "kontrollierten Abschieds" ermöglicht - sollte sie in Erwägung gezogen werden - eine spätere Wiederaufnahme der Beziehung.

Gerade Kontaktabbruch seitens von Lebenspartnern, Eltern(teilen), Geschwistern ... ist für viele von uns unerträglich und auf Grund der Wochenkind-Erfahrung psychisch schwer zu managen. Manchmal wurde bzw. wird dann eine Psychotherapie zur seelischen Stabilisierung notwendig. Diese Erfahrung bringt auch die Angst vor neuen Beziehungen mit sich, da hier von Beginn an schon Trennungsangst besteht. Manche ehemaligen Wochenkinder berichten, dass sie aus der Angst vorm Verlassenwerden heraus ihre eigenen Bedürfnisse an den Partner nicht mitteilen und ihre eigenen Grenzen nicht verteidigen.

Darüberhinaus haben wir gemeinsam über mögliche Abschiedsrituale gesprochen, die uns gut tun würden, die wir selbst schon erlebt haben oder die sich eigenen, um sie auszuprobieren und als Veränderungsoption im Umgang mit zukünftigem Abschiedserleben zu integrieren. Gestaltete Abschiede sozusagen, wie wir sie uns aus heutiger Sicht für uns wünschen würden, die sich mit solchen Abschiedsgrüßen: w.z.B. "Lebe wohl", "Alles Gute für Dich" oder "Glück auf!" wunderbar tiefsinnig ausdrücken lassen ...

So let's celebrate this! 👋👋  Lieben Dank für den Austausch, auf Wiedersehen & in Vorfreude auf die nächste Runde zum Thema "Gesundes Abgrenzen" am 07.10.24

Therapie-Tipp: Schematherapie nach Jeffrey Young

Buch-Tipp: Onno van der Hart "Abschiednehmen - Abschiedsrituale in der Psychotherapie", Junfermann Verlag, 2010, nur noch antiquarisch erhältlich.

 (Rico & Cornelia) 

Freitag, 11. Juli 2025

Zusammenfassung des Zoom-Treffens zum Thema "Gesundes Abgrenzen" (07.10.24)

Aus unserer Angebotsreihe "Wochenkinder Sachsen": Mit einem ungewöhnlichen Blitzlicht begann unser digitales Zusammenkommen: „Wenn du heute ein Getränk wärst – welches wärst du?“ Diese bildhafte Einstiegsfrage öffnete einen ersten Raum für Selbstwahrnehmung. Die Antworten reichten von "gehaltvoll" bis "leer", von "still" über "medium" bis "prickelnd" und spiegelten damit bereits die Vielfalt unserer aktuellen inneren Zustände und Bedürfnisse wider.


Im Zentrum unseres Gesprächs stand die Frage, was „gesundes Abgrenzen“ im heutigen Leben bedeutet, vor dem Hintergrund unserer biografischen Prägungen als ehemalige Wochenkinder.


Babys und Kleinstkinder äußern ihre Grenzen nicht in Worten, sondern über Körpersprache, Stimmklang, Weinen, Unruhe oder Rückzug, sofern ihnen dafür Raum gegeben wird. Ihre Signale sind Ausdruck eines grundlegenden Bedürfnisses nach Schutz, Kontakt und Regulierung. Werden diese Signale übergangen, ignoriert oder als störend abgetan, passt sich das Kind an: Es reduziert seine Ausdrucksintensität, richtet sich nach außen aus und verliert allmählich den inneren Zugang zu seinen Bedürfnissen. Daraus können frühe Formen von Erstarrung, Überanpassung und eine tiefe Entfremdung vom eigenen Empfinden entstehen. 


Als Erwachsene setzen viele von uns heute oft Grenzen über Distanz. Im idealen Falle erlernen wir "Ich-Botschaften" zu formulieren oder bewusste Selbstsorge, doch nicht selten begleiten uns auch hier Unsicherheit oder innerem Konflikte. Was heißt also "Gesundes Abgrenzen"? Nicht nur „Nein“ sagen. Auch Möglichkeiten aufzeigen. Den eigenen Tanz- oder Spielraum erkennen und vertreten. Grenzen nicht als starre Mauern begreifen, sondern als bewegliche, lebendige Kontaktlinien. Rote Linien, energetische Rückzüge, klare „Stopp“-Signale. Unser Vokabular ist vielfältig, doch sind das Bewusstsein darüber und Abgrenzungsvermögen sehr unterschiedlich ausgeprägt.


Kontrollvakuum, Parentifizierung und die Nachwirkungen früher funktionaler Autonomie


Ein zentrales Bild, das im Gespräch auftauchte, war das des „Kontrollvakuums“. Dabei geht es nicht um das Fehlen von äußeren Regeln oder Strukturen, diese waren im Alltag von Wochenkindern sehr präsent. Vielmehr fehlte es an emotionaler Resonanz, an schutzgebender Beziehung und an einem echten, mitwachsenden Dialog über Bedürfnisse, Grenzen und Rollen.


Bei uns Wochenkindern der DDR, die ab der 6. Woche dauerhaft von Montag bis Freitag (manche bis Samstag) rund um die Uhr in Krippen untergebracht wurden, während die Eltern abwesend waren, entstand ein widersprüchliches Klima: Die Betreuungspersonen handelten nach einem ideologisch & klinisch geprägten Funktionsplan, der auf kollektive Erziehung, Anpassung an die Bedürfnisse der erwachsenen "sozialistischen" Welt und frühe Selbstständigkeit zielte. Erwachsene traten mit klaren Erwartungen auf, forderten vor allem eines: Funktionieren. 


Kinder sollten sich selbst beruhigen, sich selbst regulieren, möglichst früh und möglichst störungsfrei. Die Forscherin Heike Liebsch beschreibt diesen Zusammenhang in ihrem Buch „Wochenkinder in der DDR“ unter dem Begriff der „Selbstbedienung“ (S. 138–139): eine Form vermeintlicher Autonomie, die nicht auf innerer Reifung, sondern auf systemischer Notwendigkeit und frühzeitiger Anpassung basiert. In diesem System wurde das Kind nicht begleitet, sondern alleingelassen.


Das, was in gesunden Bindungsbeziehungen zwischen Eltern und Babys bzw. Kleinstkindern durch liebevolle Zuwendung, Co-Regulation und erfahrbare Grenzen entsteht, nämlich innere Orientierung und die Fähigkeit zur gesunden Selbstabgrenzung, blieb aus. Ein emotionales Vakuum entstand, überdeckt von einer funktionalen Oberfläche. Gleichzeitig kam es häufig zu einer sog. „Parentifizierung“, also einer Rollenumkehr: Das Wochenkind mußte emotionale Verantwortung für sich selbst übernehmen, und oft auch für die Bedürfnisse der Erwachsenen, anstatt selbst gehalten zu werden. Die Folge ist eine Rollenkonfusion: Wir wurden zu früh „groß“, übernahmen Pflichten, wo wir Schutz gebraucht hätten, unterdrückten Bedürfnisse, um Erwartungen zu erfüllen. Wir passten uns an, statt uns zu spüren oder - idealerweise - ein Gespür für gesundes Abgrenzen zu entwickeln.


Langzeitfolgen bis ins Erwachsenenleben


Solche frühen Prägungen und Beziehungserfahrungen wirken zumeist weit über die Kindheit hinaus: Viele von uns haben bis heute Schwierigkeiten, eigene Grenzen wahrzunehmen und zu schützen, übernehmen zu viel Verantwortung, auch im Erwachsenenleben. Wir erleben Intimität oder Abhängigkeit oft als bedrohlich oder unsicher, und haben häufig Mühe, für uns selbst zu sorgen, obwohl wir gelernt haben, uns zu versorgen. Die früh gelernte „Selbstbedienung“ war eine reine Anpassungsleistung, kein Ausdruck eines entwicklungsgemäßen inneren Lernprozesses. 


Gesunde Abgrenzung hingegen entsteht in Beziehungen, in denen Nähe und Distanz verhandelbar sind, in denen das Kind erleben darf, dass seine körperlichen und emotionalen Grenzen benannt, gespiegelt und respektiert werden. In DDR-Wochenkrippen jedoch verblieb das Baby und Kleinstkind allein inmitten scheinbarer Autonomie. Es wurde zur kleinen Erwachsenenrolle gedrängt, dazu konditioniert, dressiert, "kompetent" im Außen, aber oft unsicher im Innen.


Daher begleitet - mehr oder weniger bewußt - viele von uns bis in die Gegenwart die Frage: Wie kann ich Grenzen setzen, ohne andere zu verletzen und ohne mich selbst zu verlieren? Auch Themen wie Identität und Rollenklärung rücken in den Fokus: Wer bin ich, wenn ich nicht funktioniere? Wie gelingt es, mir selbst Raum zu geben, ohne schlechtes Gewissen? Abgrenzung zu zeigen nicht als Abwehr, sondern als Einladung: zur Selbstwahrnehmung, zur Präsenz, zur eigenen Erlaubnis zu sein.


Erwähnte Strategien aufgrund eigener Erfahrungen oder Erlebnissen waren u. a.: 

  • "Externalisierung" also das Sichtbarmachen und „Auslagern“ übernommener Muster. https://de.wikipedia.org/wiki/Externalisierung_(Psychologie)
  • Grenziehung als sachlicher, neutraler Vorgang, d.h. keine Drama-Inszenierung, sondern eine Form der Selbstklärung.
  • Respekt, sowohl für die eigenen Grenzen als auch für die der anderen.
  • Der Unterschied zwischen Grenzen setzen und Grenzen zeigen, insbesondere im Kontext von eigener Elternschaft.

Unser Austausch endete mit persönlichen Einsichten wie z.B. diesen: „Ich fühle mich bereichert, aber auch wie ein leeres Glas.“ „Ich frage mich, ob es mir besser gehen würde, wenn ich das Gespräch über gesunde Grenzen mit meiner Mutter geführt hätte - von Mutter zu Mutter.“ „Ich vermisse Herzlichkeit. Bin ich selbst eigentlich herzlich?“ „Man konnte uns nicht lesen, wir trugen Masken. Offen blieben Fragen, die uns möglicherweise in unseren Alltagsbegegnungen noch länger begleiten werden: Wie gelingt Abgrenzung ohne Trennung? Wie umgehen mit dem Schmerz aus nicht gesetzten oder nicht respektierten Grenzen? Was kann ich meinem "inneren Wochenkind" heute an Möglichkeiten zeigen, statt nur an Regeln? Wo endet mein Raum und wo beginnt der der anderen?


Der Versuch eines Fazits: 


Gesundes Abgrenzen heißt für uns nicht nur Schutz, sondern Spielraum. …sich spüren statt sich verteidigen. …Verantwortung teilen, statt sie allein zu tragen.… der eigenen Herzlichkeit Raum geben. Und vor allem: „Gesundes Abgrenzen“ als elementares Bedürfnis in Beziehungen zu benennen – im Privaten wie im Gesellschaftlichen. Ein Thema, dem wir uns auch in unserer nächsten ZOOM-Runde am 05.12.24 unter dem Titel "Beziehung und Bedürfnis" weiter annähern werden.


(Cornelia)

Donnerstag, 10. Juli 2025

Wir sagen Danke!

... für zwei Jahre engagierte Selbsthilfearbeit

Mit einem berührenden Rückblick verabschiedete sich Ende 2024 die Initiatorin unserer Dresdner Selbsthilfegruppe aus der aktiven Arbeit. Zwei Jahre lang hat Jana mit Herz und Weitblick daran mitgewirkt, der Gruppe ein stabiles Fundament zu geben. Dafür möchten wir ihr vielmals danken.

„Wenn ich auf die letzten zwei Jahre zurückblicke, ist es gelungen, die Selbsthilfegruppe auf feste Füße zu stellen. Darüber bin ich froh und dankbar“ heißt es in ihrem persönlichen Abschiedsbrief. Was 2023 mit einem kleinen Treffen in einer Laubegaster Wohnung begann, ist inzwischen zu einem festen Anker für viele von uns geworden.

Die Treffen bieten heute Raum für Austausch, für offene Worte, für das Aushalten von Gefühlen, ohne Beschönigung. Und sie schaffen Verbindung. Jana hat mit viel Umsicht nicht nur moderiert und organisiert, sondern auch stets betont, dass Selbsthilfe „auf vielen Schultern ruhen“ sollte.

Die Ausstellung „ferne nähe“  und das begleitende Veranstaltungsprogramm im vergangenen Jahr spiegelten diese Haltung besonders eindrucksvoll: Viele haben mitgetragen, geholfen, geplant, Initiative gezeigt und gemeinsam einen lebendigen Resonanzraum geschaffen.

Auch die oft unsichtbare Arbeit im Hintergrund (Mails, Anträge, Vorbereitung der Moderationen der Selbsthilfetreffen, Raumorganisation, Stammtische, Texte usw.) wurde durch das Initiatorenteam um Jana verlässlich mitgetragen. 

Mich persönlich bewegt ihr Schritt, den Staffelstab weiterzugeben. Vielleicht ist das auch ein Teil gelebten Engagements: die Erinnerung daran, die Fürsorge für sich selbst nicht aus dem Blick zu verlieren.

Abschließend schreibt sie:

„Ich wünsche der Dresdner Selbsthilfegruppe, dass sie auch zukünftig ein sicherer ‚Hafen‘ ist und bleibt – und dass neue spannende Projekte entstehen. Allen, die aktiv dazu beitragen, wünsche ich viel Freude dabei.“

Dem schließen wir uns gerne an. Alles Gute, liebe Jana, danke für Dein Dabeisein, Deine Klarheit, Deinen Mut, Dinge anzustoßen – und für Dein Vertrauen in die Kraft der Selbsthilfegemeinschaft. 


(Cornelia)

VORSCHAU: Angebote & Terminübersicht 2026 „WOKI Dresden“

Save the Date! -  Änderungen vorbehalten - Selbsthilfe-Treffen „WOKI Dresden“ alle 2 Monate, samstags, 15.00-17.00 Uhr nur über Anfrage ...