Diese zwei Zoom-Meetings unserer Angebotsreihe "Wochenkinder Sachsen" fanden am 20.02 und 17.04.2025 statt. Der Inhalt wird als kurze Übersicht wiedergegeben. Das finde ich als Erinnerungsanker nützlich, damit ihr euch als Teilnehmende eventuell besser an die Gespräche erinnern könnt. Es werden dabei keine persönlichen Details offenbart. Anregungen und Hinweise nehme ich gern über die Email wokidresden@gmail.com entgegen.
Beim Februarthema "Aussöhnen" im Hinblick auf die Wochenkinder-Problematik sprachen wir hauptsächlich über das gegenwärtige oder grundlegende Verhältnis zu unseren Eltern. Genauer gesagt ging es darum, ob wir unseren Eltern vergeben können und ob von der Elternseite jemals Versuche gemacht wurden, sich zu entschuldigen.
Obwohl es einige wenige Aussöhnungen gegeben hat, tun sich die meisten unserer Eltern schwer, überhaupt über das Thema zu reden. Wenn sie sich doch öffnen, ist dies meist nur von kurzer Dauer. Manche von uns ehemaligen Wochenkindern haben wenig und problematischen Kontakt mit ihren inzwischen altgewordenen Eltern. Eventuell sind diese auch schon verstorben. Einige Wochenkinder trauen sich bis heute nicht, mit ihren Eltern über das Thema zu reden, weil sie fühlen, dass das als Schuldzuweisung gewertet wird. Oder sie fühlen sich in der Gegenwart ihrer Eltern wieder in die Kindheit zurückversetzt, in der die Autorität zugunsten der Eltern verschoben war. Andere wollen ihre Eltern auch aufgrund deren fortgeschrittenen Alters mit dem Thema nicht mehr "belasten". Manchmal stehen auch starke Gefühle wie Angst, Verachtung oder Wut einem "aussöhnendem" Gespräch entgegen.
Die wenigen Wochenkinder, die zumindest Aussprachen mit ihren Eltern geführt haben, raten zu einem "Mutanfall". Obwohl sie betonen, dass selbst eine Entschuldigung von den Eltern nur wenig dabei hilft, Traumafolgestörungen zu bearbeiten, meinen sie, dass die Erkenntnisse trotzdem sehr wertvoll sind, um Lücken im Gedächtnis zu füllen und Missverständnisse zu beheben. Ich habe als Beispiel angeführt, dass ein Gespräch mit den Eltern nicht unbedingt eine Entschuldigung als Ziel haben muss, es kann auch nur um biografisches oder "historisches Interesse" gehen.
Immerhin ist die Kenntnis der eigenen Geschichte unser gutes Recht. Und ein Gespräch muss auch nicht persönlich geführt werden. Die sozialen Medien geben jede Menge Möglichkeiten für schützende Distanz und Gesichtswahrung. Und auch ein geschriebener Brief kann sehr wertvoll sein. Im besten Fall kann es zu einem Moment kommen, in dem man sich mit seinen Eltern das erste mal verbunden fühlt.
Beim Thema "Verzeihen" wurde klar, dass es einmal ein "beiderseitiges" Verzeihen gibt, indem die Eltern ihrer Verantwortung gewahr werden. Aber es gibt auch ein "einseitiges" Verzeihen, dass aus dem eigenen Verständnis für die damalige Situation der Eltern herrührt und aus einem tiefen Wunsch, loszulassen, zu trauern und abzuschliessen, um sich wieder für andere Beziehungen und Themen öffnen zu können.
Beim gemeinsamen Austausch im April über "Blockierende Glaubenssätze" wurde deutlich, dass viele Wochenkinder dysfunktionale Glaubenssätze mit sich tragen, die sehr grundlegend mit ihrer Daseinsberechtigung verknüpft sind und ursprünglich als "Überlebensstrategien" fungierten. "Ich darf keine Bedürfnisse haben", "Ich bin falsch", "Ich gehöre nicht dazu", "Mit mir stimmt etwas nicht", "Ich bin unnütz" sind typische tiefverankerte Überzeugungen. Andere Glaubenssätze verstärken die Absprache eigener Bedürfnisse: "Ich muss immer stark sein", "Ich darf nicht um Hilfe bitten", "Ich darf nicht zur Last fallen" sind Beispiele dafür. Es wurde vermutet, dass die Basis für diese Glaubenssätze in den Wochenkrippen und -heimen gelegt wurde und mit einem frühkindlichen Bindungs- bzw. Entwicklungstrauma verknüpft sein können. Oft wurden sie von Überzeugungen der DDR-Elterngenerationen der 50er bis 80er Jahre auch noch durch deren Aussagen oder Handlungen bestärkt und verankert.
Als Therapien, die diese besonders für das Erwachsenenalter als dysfunktional erwiesenen Glaubenssätze abschwächen können, wurden tiefenpsychologisch fundierte Traumtherapie, EMDR (Eye Movement Desensitization and Reprocessing) und Hypnosetherapie erwähnt. Darüberhinaus wurden zur Selbsthilfe spezielle Online-Kurse und Arbeitsbücher wie Stefanie Stahls "Das Kind in dir muss Heimat finden" sowie auch die regelmäßige "Selbstkonfrontation" mit den eigenen Glaubenssätzen empfohlen. Selbstkonfrontation heißt in dem Fall, sich dem Unterschied zwischen verzerrter Wahrnehmung, sprich: "blockierendem Glaubenssatz" und der Realität bewusst zu stellen. Diese Realität könne man sich zum Beispiel von Partnern, Freunden und Kollegen einholen bzw. spiegeln lassen. Manchmal würden aber auch körperliche Signale, wie Schmerzen, Müdigkeit und Erschöpfung darauf aufmerksam machen.
Bei der Selbstkonfrontation sei es besonders wichtig, behutsam vorzugehen und kleine Schritte zu machen. Jeder Hauptglaubenssatz hat schließlich noch eine Gruppe an Nebenglaubenssätzen, die man nicht alle auf einmal auflösen kann.
Letztlich kamen auch noch die "Kompensationsstrategien" zur Sprache, die versuchen, das Defizit aus dem Glaubenssatz zu kompensieren. So wird die "geglaubte" unsichere Daseinsberechtigung oft durch Leistung und die "abgesprochene" Bedürftigkeit durch übertriebene Selbstständigkeit kompensiert. Dem hinzufügen seien an dieser Stelle auch die "Vermeidungsstrategien" wie Rebellion, Selbstsabotage oder selbstgewählte Isolation.
Verabschiedet haben wir uns mit dem Versuch, die eingangs aufgelisteten blockierenden Glaubenssätze zu "reframen", d.h. sie ins Positive zu verändern oder daraus mit Geduld und Langmut eine neue selbstermächtigende Sichtweise zu entwickeln, z.B.: „Wenn ich meine Bedürfnisse ernst nehme, kann ich besser für mich und andere sorgen“ oder: „Indem ich meine Bedürfnisse kenne und mitteile, gestalte ich ehrliche Beziehungen“ oder: „Ich bin genug – ich muss nichts leisten, um wertvoll zu sein.“
Nun noch erwähnte Empfehlungen aus diesem Zoom als Links:
EMDR: https://de.wikipedia.org/wiki/Eye_Movement_Desensitization_and_Reprocessing
Hypnosetherapie: https://www.palacios.academy
Verhaltenstherapie: https://www.matthiashammer.de/buecher/feind-in-meinem-kopf/
Gestalttherapie: https://www.lebenskarten.de/traumatherapie88/gestalttherapie-2/
Tiefenpsychologie: https://sciodoo.de/tiefenpsychologie-merkmale/