Aus unserer Angebotsreihe "Wochenkinder Sachsen": Folgende Punkte hatten sich den einzelnen Wortmeldungen zufolge herauskristallisiert:
Einige von den Teilnehmer/innen sagten, es sei für sie einfacher, sich von Personen zu verabschieden, die sie mögen und wenn der Abschied nicht von Dauer ist. Oder: Es sei besser zu verlassen, als verlassen zu werden, um Verletzungen zu minimieren. Oder: Aus schwierigen Beziehungen verabschiede man sich meistens zu spät und im Streit. Andere teilten die Beobachtung: Eventuell komme die Trauer nach einem Abschied verzögert oder äußere sich durch unklare Gefühle oder körperliche Phänomene. Manche empfinden beim Abschied aber auch nichts.
Einen unangenehmer Beigeschmack entstünde, wenn sich Menschen nicht verabschieden oder kommentarlos zurückziehen würden. Dann bliebe immer das „Warum?“ zurück. Der Abschied als solches sei wichtig als menschliches Ritual, als Höflichkeitsform. Zum Beispiel bei Seminaren oder Fortbildungen könne ein einfaches Verschwinden als unhöflich oder als Desinteresse an der eigenen Person empfunden werden.
Todesfälle, als Abschiede für immer, sind für die meisten schwer zu ertragen, besonders wenn diese plötzlich auftreten oder nicht darüber kommuniziert wird. Hier würde sich mancher von uns trotz fortgeschrittenen Lebensalters besonders hilflos fühlen, was auch als Empathielosigkeit gedeutet werden könnte.
Frühkindliche Abschiede
Das Leben von Wochenkindern begann mit einer schweren Last, es erfordert Mut und Vertrauen, negative Gefühle auszuhalten. Beim jähen Abbruch der Beziehung zur Mutter bei der Übergabe an die Wochenkrippe am frühen Montagmorgen war es jedesmal unklar, wann und ob sie wiederkommt. Der Abschied in der Wochenkrippe verlief in der Regel sehr kurz und schnell, daher bevorzugen heute noch einige von uns offenbar lieber schnelle Abschiede.
Beim Thema „Kontakt-halten“ waren wir uns einig, dass einseitiges Kontakt-halten insbesondere mit "Bezugspersonen", wie Eltern, Partnern, oder "Familie" sehr anstrengend ist. Es kam die Empfehlung, sich aus einseitigen Kontakten auch „in Liebe zu verabschieden“ - anstelle von "Trennung" oder "Abbruch" lässt man freundlich los. Diese Form des "kontrollierten Abschieds" ermöglicht - sollte sie in Erwägung gezogen werden - eine spätere Wiederaufnahme der Beziehung.
Gerade Kontaktabbruch seitens von Lebenspartnern, Eltern(teilen), Geschwistern ... ist für viele von uns unerträglich und auf Grund der Wochenkind-Erfahrung psychisch schwer zu managen. Manchmal wurde bzw. wird dann eine Psychotherapie zur seelischen Stabilisierung notwendig. Diese Erfahrung bringt auch die Angst vor neuen Beziehungen mit sich, da hier von Beginn an schon Trennungsangst besteht. Manche ehemaligen Wochenkinder berichten, dass sie aus der Angst vorm Verlassenwerden heraus ihre eigenen Bedürfnisse an den Partner nicht mitteilen und ihre eigenen Grenzen nicht verteidigen.
Darüberhinaus haben wir gemeinsam über mögliche Abschiedsrituale gesprochen, die uns gut tun würden, die wir selbst schon erlebt haben oder die sich eigenen, um sie auszuprobieren und als Veränderungsoption im Umgang mit zukünftigem Abschiedserleben zu integrieren. Gestaltete Abschiede sozusagen, wie wir sie uns aus heutiger Sicht für uns wünschen würden, die sich mit solchen Abschiedsgrüßen: w.z.B. "Lebe wohl", "Alles Gute für Dich" oder "Glück auf!" wunderbar tiefsinnig ausdrücken lassen ...
So let's celebrate this! 👋👋 Lieben Dank für den Austausch, auf Wiedersehen & in Vorfreude auf die nächste Runde zum Thema "Gesundes Abgrenzen" am 07.10.24
Therapie-Tipp: Schematherapie nach Jeffrey Young
Buch-Tipp: Onno van der Hart "Abschiednehmen - Abschiedsrituale in der Psychotherapie", Junfermann Verlag, 2010, nur noch antiquarisch erhältlich.
(Rico & Cornelia)