Dienstag, 28. Oktober 2025

Kreativgruppe "WG 6" 2026

Wir lassen uns inspirieren, Gedanken, Erinnerungen und Gefühle authentisch und spontan auszudrücken: mit Worten, Bildern oder anderen künstlerischen Impulsen. Gemeinsam wollen wir schreiben, bloggen, malen, experimentieren und gestalten ...

Dieses Poster ist ein Ergebnis unserer hervorragenden Zusammenarbeit mit der Digitalen Selbsthilfe Kontaktstelle (DISEKO). Es ist Teil unserer Präsentation und Mitwirkung bei der digitalen Wanderausstellung der Selbsthilfe, die seit August 2025 an verschiedenen Standorten in Sachsen, wie Dresden, Leipzig, Chemnitz und Görlitz öffentlich präsentiert wird.

Unsere Gruppe trifft sich regelmäßig:

  • am ersten Freitag im Monat, 10.00-13.00 Uhr, (außer Feier- oder Brückentage)
  • Anmeldung und Treffpunkt auf Anfrage an dresden@wochenkinder.de  
  • zur Übersicht Termine 2025 

SAVE THE DATE 2026!
  1. 09.01.26
  2. 06.02.26
  3. 06.03.26
  4. 10.04.26
  5. 08.05.26
  6. 05.06.26
  7. 03.07.26
  8. 07.08.25
  9. 04.09.26
  10. 02.10.26
  11. 06.11.26
  12. 04.12.26
Weitere Einblicke in unsere bisherigen Treffen hier in diesem Blog unter "Kreativ"

Samstag, 25. Oktober 2025

Zur Ausstellung: "Frauenarbeit & Kinderbetreuung" in Plauen, 10.10.25 –11.01.26

Einblicke – Textile Arbeitswelten aus sozialer Sicht

Wir begrüßen jede Initiative, die die Geschichte von "Frauenarbeit und Kinderbetreuung" in der DDR sichtbar macht. Umso wichtiger ist es für uns, dass das Plauener Textilmuseum Fabrik der Fäden“ dieses Thema in einer Sonderausstellung (10.10.2025–11.01.2026) aufgreift. Im Mittelpunkt steht dabei die Frage, wie die Vollbeschäftigung von Frauen und Müttern in der DDR überhaupt möglich wurde.



Wochenkrippen und -heime: Ein verdrängtes Kapitel der DDR-Geschichte

Unserer Erfahrung nach braucht Erinnerungskultur zur DDR-Geschichte Gesprächsräume, um ihrem gesellschaftlichen Auftrag gerecht werden zu können. Es geht uns gar nicht darum zu verurteilen, sondern wir wollen vor allem verstehbar machen, was war und warum es bis heute wirkt. Dazu gehört es, die damalige Zurückdrängung familiennaher Strukturen aufgrund der volkswirtschaftlichen Zwänge neu zu betrachten. Und dabei vor allem den Blick auf jene zu lenken, die sich damals nicht äußern konnten: eine Vielzahl von Säuglingen und Kleinstkindern (sog. "Wochenkinder"), die durch die "vorzeitige Fremdbetreuung" in DDR-Wochenkrippen nachweislich geprägt und beschädigt worden sind (siehe aktuelle Forschungen von Liebsch, Rosenberg u. anderen).

Aus diesem Grund war auch der Vorstand des Wochenkinder e.V. bei der Ausstellungseröffnung am 10. Oktober vor Ort und teilte erste bildliche Eindrücke mit uns:



© Christian Jacubaczek 

Wochenkinder als Schlüssel zur Aufarbeitung

Besonders die Lebensrealität der Kinder in DDR-Wochenkrippen erweist sich in Ausstellungskontexten wie diesen als ein äußerst sensibler Aspekt der historischen Aufarbeitung. Bis vor kurzem stellte dieser Aspekt sogar noch ein öffentliches Tabu dar. Er gehört jedoch erfreulicherweise seit 2024 zum Bestandteil der Jahresberichte der Beauftragten zur Aufarbeitung der SED-Diktatur. Vor allem seine biografische und archivale Erforschung eröffnet Zugänge zu sozialen und psychischen Folgen, die in vielen Familien bis heute spürbar sind. 

Es freut uns ausdrücklich, wenn öffentliche Finanzmittel für Erinnerungskultur eingesetzt werden und so eine „museale“ Darstellung wie in Plauen ermöglichen. Darüber hinaus bedarf es für die Betroffenen, d.h. für ehemalige Wochenkinder zur therapeutischen Unterstützung und Anerkennung ihres Leids sorgfältig moderierte Veranstaltungsformate für Austausch, Reflexion und Dialog. 

Gemeinsame Verantwortung: Gesprächsformate entwickeln

Wir als Selbsthilfegruppen setzen uns gemeinsam mit dem Wochenkinder e.V. ehrenamtlich dafür ein, dass unsere Erfahrungen gehört und öffentlich bekannt werden. Wir handeln aus unserer eigenen Geschichte heraus und bringen aktiv unsere Perspektiven mit ein. Unser Engagement richtet sich vor allem an familien-, bildungs- und gesundheitspolitische Institutionen, mit dem Appell, gemeinsam Ausstellungskonzepte in Ost und West zu entwickeln, die durch aufklärende Gespräche, Workshops oder Podien begleitet werden. 

Eine respektvolle Form von Wiedergutmachung sehen wir darin, dass die vielfältigen Beweggründe und Wünsche der Betroffenen zur Aufarbeitung der Folgen von Wochenkrippen und Wochenheimen nicht länger im Schatten bleiben und Gehör finden. In Forschung, Therapie, Gesellschaft und Politik sollen sie die angemessene Würdigung finden, die ihnen zusteht. 

Weitere Informationen unter www.wochenkinder.de
Zahlreiche Eindrücke von Ausstellungen, Erfahrungsberichte von unseren Treffen und Reflexionen zum Thema Wochenkinder finden sich natürlich auch 
in unserem Blog hier.

Workshop "Wochenkinder- eine partzipative Forschungsgeschichte", Leipzig, 12.11.25

📌 Ein Veranstaltungshinweis vom Wochenkinder e.V. 

"Gemeinsam forschen - Impulse aus Citizen Science, partizipativer und transdisziplinärer Forschung“  12. - 14. November 2025" in Leipzig. Die Wochenkinderforschung ist dabei.

Mit Dr. Heike Liebsch, Dr. Eva Flemming und Dr. Susann Schmiedgen werden unsere Themen und Erfahrungen als ehemalige Wochenkinder auf der PartWiss 25 in Leipzig vertreten. Die Konferenz richtet sich auf das gemeinsame Forschen. Das bedeutet nicht nur Forschen über Menschen oder Prozesse, sondern mit Menschen. Also mit Bürger/innen, Stakeholdern oder in transdisziplinären Formaten. Es soll darum gehen, sichtbar zu machen, wie wichtig die Stimmen der Betroffenen für Wissenschaft, Politik und Gesundheitswesen sind. Die Konferenz ist leider schon ausgebucht und wird auch nicht gestreamt.

Zum Spezialbeitrag: Mi, 12.11.25, 17.00 Uhr: "Wochenkinder- eine partizipative Forschungsgeschichte." Weiterlesen hier 


Donnerstag, 25. September 2025

Meditationen, Einschlafhilfen, etc.

Einschlafstörungen sind auch unter ehemaligen Wochenkindern ein Thema: Nächte, in denen einige von uns einfach nicht zur Ruhe finden. Einschlafen fiel vielleicht schon immer schwer, weil frühe Trennungs- und Alleinseinserfahrungen im Körper nachklingen.

Auf unserem Blog sammeln wir deshalb hilfreiche Impulse aus der Community: von beruhigenden Meditationen bis hin zu kleinen Ritualen für einen erholsamen Schlaf. Vielleicht ist auch für Dich etwas passendes dabei:

Geborgenheitsmeditation von Katharina Kautsch 

Geführte Meditationen von Kirsten Tofahrn 

Geführte Meditationen von Karin Wolf 

Geführte Meditationen von Ergotopia

Geführte Meditationen von Verena Leuze

Einschlafgeschichten und Meditationen von WolkenWichtel

Einschlafgeschichten und Meditationen von Alexandra Matthes 

Ängste & Sorgen loslassen ✨ Entspannt & ruhig schlafen - Meditation von Anika Henkelmann

Schlaf gut! - Gedanken & Emotionen loslassen - Liebevolle Meditation zum Entspannen & Einschlafen von Mandy Schneider 

Gute Nacht Meditation: Ruhe finden und entspannt einschlafen von L.M. Seiler 

Regengeräusch zum Einschlafen 1

Regengeräusch zum Einschlafen 2 

Regengeräusch zum Einschlafen 3 

Meeresrauschen zum Einschlafen 1

Meeresrauschen zum Einschlafen 2

Meeresrauschen zum Einschlafen 3 

Flussrauschen zum Einschlafen 1

Flussrauschen zum Einschlafen 2 

Radio Nature (Spanien)

Mittwoch, 24. September 2025

1. Bundesweites Woki-SHG-Moderatorentreffen in Potsdam, 19.09.-21.09.2025

Wir reisten am Freitagmittag von Dresden nach Potsdam und trafen uns dort mit Mitgliedern des Vereinsvorstands des Wochenkinder e.V. und Moderator/innen der Selbsthilfegruppen aus Berlin, Potsdam, Mecklenburg-Vorpommern, Leipzig, Gotha, Stuttgart & NRW im Bürgerhaus "Sternzeichen" zu einer Vorstellungsrunde. Über 20 ehemalige Wochenkinder, die derzeit mit der Gründung, Organisation oder der Moderation ihrer örtlichen Selbsthilfegruppe ehrenamtlich betraut sind, kamen zu diesem ersten überregionalen Arbeitswochenende und Erfahrungsaustausch zusammen.


Danach trafen wir uns in einem italienischen Restaurant zum Abendessen.
Für den weiteren Abend hatten unsere Potsdamer Gastgeber/innen eine öffentliche Lesung mit Anja Reich organisiert. Die Autorin stellte dort ihr 2023 erschienenes Buch "Simone" vor. Es wurden zahlreiche Fragen zum Schicksal des ehemaligen 
Wochenkindes Simone († 1996) gestellt, aber auch zur aufwändigen Recherchearbeit der in Berlin lebenden Journalistin. Ihre persönliche Betroffenheit von Simones Geschichte war dabei besonders eindrucksvoll spürbar. Sehr empfehlenswert in diesem Zusammenhang auch dieses Podcast-Interview mit ihr.


Am nächsten Morgen stellten die Moderator/innen jeweils ihre Selbsthilfegruppen vor und berichteten über ihre individuelle Sichtweisen und Ansätze bei der Gestaltung von Selbsthilfe. Dabei kamen Herausforderungen zur Sprache, wie die Beantragung von Fördergeldern, Überwindung von räumlichen Distanzen und Verteilung von Aufgaben. Hier könnt Ihr unsere Dresdner Präsentation einsehen und nachlesen.

Danach wurde der Wochenkinder e.V. noch einmal vorgestellt, mit seinen Aufgaben, Projekten und Visionen. Anschließend teilten wir uns in vier "Arbeitsgruppen" auf, zu den Themenfeldern: 1. Vereinsarbeit, 2. Öffentlichkeitsarbeit, 3. Kommunikation (SHGs untereinander und Verein zu SHGs) 4. Wissenschaft (historische Recherche). 

Jede Gruppe wurde zu einem ersten Brainstorming gebeten, um zu diesen Themen neue Ideen zu entwickeln und im besten Fall diese sogar schon anzuschieben. Hinterher wurden die ersten Ergebnisse allen im Plenum noch einmal vorgestellt. Daüber hinaus wurden bereits weitere Moderatorentreffen, auch an möglichen anderen Orten, sowie der damit verbundene Orga-Aufwand andiskutiert. 

Der inhaltlich kompakte und insgesamt für alle sehr anstrengende Samstag klang mit einem gemeinsamen Abendessen in einem japanischen Restaurant aus.

Am Sonntag schließlich kamen wir noch einmal zusammen, um ein Fazit der Veranstaltung zu ziehen. Das eigentliche Highlight bildete ein Workshop mit der Psychologin Katharina Kautsch, der ursprünglich mit dem Titel „Trauma: Was hat das mit uns Wochenkindern zu tun? Und bedeutet das „lebenslänglich“ oder (wie) wird man das wieder los?“ angekündigt war. Aufgrund der Fülle der Informationen an beiden vorangegangenen Tagen überwog jedoch bei den noch anwesenden Teilnehmer/innen der Wunsch nach praktischer Selbstfürsorge. Diesem wurde durch Katharina mit Entspannungsübungen und meditativen Fantasiereisen in bester Weise entsprochen. Nach und nach transformierten sich Müdigkeit und Anspannung - laut Feedback- & Abschiedsrunde - bei den meisten von uns, in ein angenehmes Gefühl freudiger Präsenz.

Einen kleinen Eindruck einer geführten Meditation von Katharina bekommt Ihr hier, welche aber nicht aus dem Treffen stammt, sondern aus dem Jahr 2021.

Rundum bereichert nach Dresden zurückgekehrt, senden wir von hier aus nochmals herzlichste Dankesgrüße an die Organisator/innen vom Wochenkinder e.V.  👏👏 für dieses intensive, informative und liebevoll gestaltete Potsdamer Treffen! 


Rico & Cornelia

Wochenkinder und die Diagnose der kPTBS (von Rico)

Nachdem ich Pete Walkers Buch  "(Komplexe) Posttraumatische Belastungsstörung- Vom Überleben zu neuem Leben." gelesen hatte, war ich überzeugt: Die Wochenkrippe hat in mir eine kPTBS ausgelöst. Dann las ich in Laurence Hellers Buch "Trauma heilen", dass in die Internationale Klassifizierung der Krankheiten (ICD) der 11. Ausgabe eben diese kPTBS mit aufgenommen worden war.

Das fand ich interessant und ich schaute mir den Eintrag 6B41 an. Die dortige Beschreibung der kPTBS zu Grunde liegenden Erfahrungen "z. B. Folter, Sklaverei, Völkermordkampagnen, lang anhaltende häusliche Gewalt, wiederholter sexueller oder körperlicher Missbrauch in der Kindheit" gingen aber im ICD-11 eher in eine ganz andere Richtung als die der "emotionalen Deprivation". 

Die Beschreibung der Symptome :"1) Probleme bei der Affektregulierung; 2) Überzeugungen über die eigene Person als erniedrigt, unterlegen oder wertlos, begleitet von Scham-, Schuld- oder Versagensgefühlen im Zusammenhang mit dem traumatischen Ereignis; und 3) Schwierigkeiten, Beziehungen aufrechtzuerhalten und sich Anderen nahe zu fühlen" trifft jedoch bei den ehemaligen Wochenkindern häufig den Nagel genau auf den Kopf.

Nun war ich etwas ratlos. Zusätzlich hatte ich gelesen, dass frühzeitige emotionale Deprivation in ein sogenanntes "kritisches Zeitfenster" fallen kann, in dem sich die Anlagen zur Empathie im Kleinkind entwickeln. War ich hier einer echten "Entwicklungsstörung" auf der Spur? Ein weiterer Artikel, den ich fand, relativierte diese Aussage jedoch: die Zeitfenster bleiben durch die Plastizität des Gehirns lange Zeit geöffnet, was fehlte, kann nachgenährt werden, wenn auch mit viel Aufwand und hinterbleibenden Schwierigkeiten. Bei Kindern gäbe es ausserdem kein aussagekräftiges statistisches Material (großangelegte Langzeitstudien) zu den Folgen von früher Vernachlässigung, manchmal aus ethischen, manchmal aus ideologischen Gründen. Hatte man Bowlby, Winnicott und Matějček vergessen?
Ein anderer Artikel schien das Dilemma zu bestätigen: Die psychologische Diagnostik des ICD und des DSM hatte und hat ihre Schwierigkeiten mit Traumata bei Kindern, da sich diese bei Kindern anders äussern als bei Erwachsenen. 

Um nun etwas Licht ins Dunkel zu bringen, fragte ich bei einer versierten Psychologin nach. Diese nannte mir einen neuen Begriff: Entwicklungstraumastörung. Diese bezieht sich speziell auf Symptome von Kindern nach traumatischen Erlebnissen, ist also kPTBS speziell für Kinder. Und hier findet man tatsächlich den Begriff Vernachlässigung! Die Entwicklungstraumastörung ist aber noch in der fachlichen Disskussion, deswegen wird auch bei Kindern meistens dann doch kPTBS/PTBS diagnostiziert, bzw. die Begriffe werden synonym benutzt. 

Was passiert aber nun mit Erwachsenen, die als Kind traumatische Erlebnisse hatten und deshalb Probleme haben? Solange sie diese Probleme erinnern können, was manchmal auch eine Zeit lang dauern kann und eventuell speziell geschulte Psychologen erfordert, kann auch hier die Diagnose kPTBS (oder PTBS) greifen. Wochenkinder aber erinnern sich meistens nicht an ihre Erlebnisse. Deswegen gilt die Wochenkrippe auch nicht automatisch als traumatisches Erlebnis mit bleibenden Folgen! 

Wochenkinder sind wohl aber empfänglicher für Traumata im späteren Leben, da sie einerseits wegen mangelndem Urvertrauen und schlechterer emotionaler Regulation weniger Resilienz entwickeln können. Andererseits erleben sie oft auch eine tendenziell schlechtere Behandlung durch ihre Eltern. Deswegen ist die Traumadiagnose bei Wochenkindern davon abhängig, ob sie nach der Wochenkrippe oder dem Wochenheim noch weitere Traumata bekommen haben, über die sie sprechen können. Die Entwicklung einer (k)PTBS kann zwar auf traumatische Ereignisse in der Kindheit zurückgehen, bezieht sich aber diagnostisch auf Symptome im Erwachsenenalter.

Viel hängt hier auch von der Einstellung des jeweiligen Psychologen oder Traumatologen zum Thema Wochenkrippe ab. Wer also einen Traumatologen bzw. Traumaspezialisten aufsuchen möchte, sollte sich beim Erstgespräch oder bei der Terminvereinbarung darüber erkundigen, ob sich dieser/diese sich mit dem Thema Wochenkrippe und Entwicklungstrauma auskennen.

Die Behandlung der körperlichen Symptome, die von der frühkindlichen emotionalen Vernachlässigung zurückbleiben, wird wohl auch auf lange Sicht nicht von Kassen übernommen werden, weil sich diese Symptome nicht "gesichert" zuordnen lassen und oft auch individuell unterschiedlich sind. Sie passen also leider nicht in eine Schublade.

Empfohlen wurden mir noch die Bücher von Peter Fonagy wie: "Bindungstheorie und Psychoanalyse" und "Affektregulierung, Mentalisierung und die Entwicklung des Selbst" und das umfangreiche Werk von Karl Heinz Brisch. 

Vielleicht noch eine kleine logische Schlußfolgerung meinerseits:

Aus einem Bindungstrauma, welches die Wochenkrippe ja darstellt, entwickelt sich nicht automatisch eine Bindungsstörung und aus einer Bindungsstörung nicht automatisch eine Persönlichkeitsstörung. Einem Bindungstrauma folgt nicht notwendigerweise ein Entwicklungstrauma und aus einem Entwicklungstrauma wird nicht automatisch eine Entwicklungstraumastörung bzw. eine (k)PTBS. Alles hängt davon ab, welche Hilfe das betroffene Kind erhält und wie es mit dem Trauma umgehen kann und umzugehen lernt. 

Korrektur: Die ICD-11 ist übrigens noch nicht im deutschen Versicherungssystem gültig.  Das heißt, Diagnosen werden nach wie vor mit der ICD-10 verschlüsselt, in der die kPTBS nicht enthalten ist, sondern nur die PTBS.  

Montag, 15. September 2025

Zusammenfassung des Zoom-Treffens zum Thema "Wünschen" (28.08.2025)

Aus unserer Angebotsreihe "Wochenkinder Sachsen":

Am Beginn unseres Treffens gab es als "Warmup" eine erste kurze Wunschrunde. Die meisten der Wünsche bezogen sich auf eine gegenseitige Bereicherung und gemeinsamen Erfahrungsaustausch.

Schwierigkeiten, Wünsche auszusprechen

Als wesentlicher gemeinsamer Nenner dieses Zoom-Treffens erwies sich die grundsätzliche Schwierigkeit, eigene Wünsche klar zu formulieren und auszusprechen. Mehrere Teilnehmende berichteten, wie schwer es ihnen fällt, ihre Wünsche zu benennen. Dies ergäbe sich teilweise aus Unsicherheiten, inneren Begrenzungen oder der Angst, sich zu viel zu wünschen oder nicht verstanden zu werden. Diese Hemmungen wurzelten häufig in früheren Lebenserfahrungen, etwa in der Kindheit, in der Wünsche ignoriert, abgelehnt oder nicht ernst genommen wurden. Dadurch entstand eine Art Selbstzensur oder der Impuls, Wünsche gar nicht erst zu äußern, um Enttäuschungen oder Konflikte zu vermeiden.

Wünsche oder Bedürfnisse?

Die Diskussion zeigte, dass es zu Unsicherheiten und Verwechslungen zwischen Wünschen und Bedürfnissen kommen kann. Bedürfnisse wurden als grundlegender und oftmals schwerer zu benennen empfunden, weil sie Verletzlichkeit und Abhängigkeit offenbaren. Wünsche hingegen wirken oft zugänglicher, können aber ebenfalls mit inneren Konflikten verbunden sein. Für manche war es leichter, Wünsche zu formulieren als Bedürfnisse, da letztere als Schwäche oder Machtübergabe an andere erlebt wurden.

Kindheitserfahrungen und ihre Folgen

Kindheitserfahrungen spielten bei unseren Erzählungen eine zentrale Rolle im Umgang mit Wünschen. Viele berichteten von negativen Erfahrungen, wie abgelehnten oder ignorierten Wünschen, die Frustration, Enttäuschung und ein Gefühl der Ablehnung auslösten. Solche Prägungen können dazu führen, dass man später große oder tiefgehende Wünsche nicht äußert. Deutlich wurde auch, dass Wünsche nicht nur materielle Dinge betreffen, sondern ebenso emotionale Bedürfnisse nach Nähe, Anerkennung, Sicherheit und Frieden.

Wünsche als Sehnsüchte

Wünsche wurden auch als Ausdruck von Sehnsüchten verstanden, die sich oft auf Zugehörigkeit, Verständnis, Freiheit und Selbstverwirklichung beziehen. Sie spiegeln den Wunsch wider, das eigene Leben zu gestalten und sich selbst besser zu verstehen. Dabei spielen auch gesellschaftliche und familiäre Erwartungen eine Rolle, die den Raum für eigene Wünsche einengen oder beeinflussen können. Einige Teilnehmende äußerten den Wunsch nach mehr Raum, Leichtigkeit und Weite – sowohl im physischen als auch im psychischen Sinne.

Wie umgehen mit unerfüllten Wünschen?

Unerfüllte Wünsche führten zu Emotionen wie Enttäuschung, Angst, Wut und Frustration. Viele hatten gelernt, sich mit weniger zufrieden zu geben, um Enttäuschungen zu vermeiden. Zugleich wurde der Wunsch nach einem besseren Umgang mit diesen Erfahrungen deutlich – etwa durch eine versöhnliche Erzählweise, die negative Erlebnisse ohne Schuldzuweisungen integriert.

Vielschichtige Einflüsse der Familie

Familiäre Beziehungen, insbesondere die zu Eltern und Geschwistern, prägen stark, wie Wünsche erlebt und ausgedrückt werden. Neid, Eifersucht und unerfüllte Erwartungen spielten ebenso eine Rolle wie Projektionen elterlicher Wünsche auf die Kinder. Oft mussten eigene Wünsche zurückgestellt oder angepasst werden, um familiären Anforderungen gerecht zu werden. Dies hatte Auswirkungen auf das Selbstbild und die Fähigkeit, authentische eigene Wünsche zu erkennen und zu leben.

Im Erwachsenenalter verändern sich Wünsche. Sie werden differenzierter und komplexer. Wir reflektierten über die Kindheit und deren Einfluss auf ihre heutigen Wünsche und Bedürfnisse. Es entstand der Wunsch nach mehr Balance zwischen persönlichem Leben und familiären Verpflichtungen sowie nach mehr Raum für eigene Anliegen. Zugleich wurde Bescheidenheit als Strategie beschrieben, um Enttäuschungen zu vorzubeugen.

Rechtfertigung, Akzeptanz und Selbstwahrnehmung

Ein weiteres Thema war die Frage, warum Wünsche oft einer Rechtfertigung bedürfen. Kritisch wurde hinterfragt, weshalb Wünsche nicht einfach akzeptiert werden können, ohne Begründungen zu liefern. Die Forderung nach einem neuen narrativen Umgang mit Wünschen und der eigenen Lebensgeschichte wurde deutlich – einer Erzählweise, die weniger kritisch und mehr versöhnlich ist und Raum für Akzeptanz schafft. Der Wunsch wurde formuliert, offener und vielfältiger über die Wochenkindervergangenheit zu erzählen.

Mehrere Teilnehmende verbanden diese Wünsche mit dem tieferliegendem Bedürfnis, sich selbst besser zu verstehen und anzunehmen. Die Auseinandersetzung mit der eigenen Biografie, insbesondere mit schwierigen Kindheitserfahrungen, wurde und wird als Lernprozess erlebt, der Heilung und Normalisierung ermöglicht. 

Eine wichtige Frage, die das leibliche Spüren betraf, lautete: Wo in mir kann ich meine Wünsche wahrnehmen?

Rituale und Selbstfürsorge


Kurz vor Ende des Treffens wurde die Bedeutung von Ritualen wie Geburtstagen erörtert. Hier spiegelten sich persönliche Einstellungen und Wünsche wider, die sich im Laufe des Lebens bei den meisten von uns verändert haben. Für die Mehrheit stand weniger das "materielle" Feiern im Vordergrund, sondern das bewusste Erleben und Gestalten des Tages, verbunden mit mehr Selbstfürsorge. 


Insgesamt wurde der Austausch in der Gruppe als bereichernd erlebt, da er neue Denkanstöße und Aha-Momente eröffnete. Im Mittelpunkt standen gegenseitige Anregung, Unterstützung und das Gefühl, verstanden zu werden. Besonders der geschützte Rahmen ermöglichte es, Wünsche und Bedürfnisse auszusprechen – trotz aller Schwierigkeiten bei ihrer Formulierung.


In einer abschließenden Runde wurden weitere Folgethemen für unsere nächsten Zoomtreffen am 30.10. und 04.12.25. beraten und abgestimmt.

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Ich möchte an dieser Stelle noch zwei weitere Anregungen ergänzen:

Erstens: statt direkt zu fragen, "Was wünsche ich mir?" kann es leichter sein, sich diese Fragen zu beantworten: 

Was mag ich? 
Wo bin ich gerne?
Bei wem bin ich gerne? 
Welche Dinge benutze ich gerne? 
Worüber denke ich oft nach? 
Wovon "tagträume" ich häufig? 

Zweitens: Zum Thema Trauma und Wünsche möchte ich auf Eugen Drewermanns tiefenpsychologische Deutung des Grimmschen Märchens „Das Mädchen ohne Hände“ verweisen. Seine "2. Sommervorlesung 2023: Märchen als Therapie" - hier in diesem Videobeitrag - sei dazu allen Interessierten wärmstens empfohlen.

(Rico)

Kreativgruppe "WG 6" 2026

Wir lassen uns inspirieren, Gedanken, Erinnerungen und Gefühle authentisch und spontan auszudrücken:  mit Worten, Bildern oder anderen künst...