Montag, 21. Oktober 2024

Selbsthilfetools: 13 Schritte für das Management emotionaler Flashbacks

bei postraumatischen Belastungsstörungen aufgrund eines Entwicklungs- oder Bindungstraumas nach Pete Walker: 
  1. Ich sage mir: »Ich habe einen Flashback.« Flashbacks entführen mich in einen zeitlosen Teil meiner Psyche, wo ich mich so hilflos, verzweifelt und von Gefahren umringt fühle wie als Kind. Solche Gefühle und Empfindungen sind nur Erinnerungen, die mir heute nichts mehr tun können.
  2. Ich rufe mir ins Gedächtnis: »Ich habe Angst, aber mir droht keine Gefahr! Ich bin hier und jetzt in Sicherheit.« Ich denke daran: Ich befinde mich jetzt in der Sicherheit der Gegenwart, fern von den Gefahren der Vergangenheit.
  3. Ich gestehe mir mein Recht/Bedürfnis zu, Grenzen zu setzen. Ich denke daran, dass ich niemandem mehr erlauben muß, mich schlecht zu behandeln. Ich darf bedrohliche Situationen verlassen und gegen unfaires Verhalten protestieren.
  4. Ich spreche beruhigend mit meinem „inneren Kind“. Das Kind muss wissen, dass ich es bedingungslos liebe – dass es zu mir kommen kann, sobald es ängstlich und verwirrt ist, um sich trösten und beschützen zu lassen.
  5. Ich baue das „Ewigkeitsdenken“ ab. In meiner Kindheit fühlten sich Angst und Verlassenheit endlos an – eine geborgenere Zukunft war nicht vorstellbar. Ich denke daran, dass auch dieser Flashback vorübergehen wird wie alle anderen zuvor.
  6. Ich erinnere mich daran, dass ich heute im Körper eines Erwachsenen lebe und über Verbündete, Fähigkeiten und Mittel verfüge, die ich als Kind nie hatten. (Sich klein und schwach zu fühlen, ist ein Anzeichen für einen Flashback.)
  7. Ich lasse mich zurück in meinen Körper fallen. Angst hält mich in »verkopftem« Grübeln fest, betäubt mich oder lässt mich geistig abdriften.[a] Ich bitte meinen Körper sanft, sich zu entspannen: Ich spüre jede größere Muskelgruppe und ermuntere sie liebevoll, sich zu entspannen. (Angespannte Muskeln senden falsche Gefahrensignale ans Gehirn.) [b] Ich atme tief und langsam. (Ein angehaltener Atem signalisiert ebenfalls Gefahr.) [c] Ich drossele mein Tempo: Eile zwingt mein Gehirn, die Fluchtreaktion einzuschalten. [d] Ich suche mir einen geschützten Ort, an dem ich abschalten und mich wieder beruhigen kann: Ich wickle mich in eine Decke ein, drücke mein Kissen oder ein Kuscheltier an mich, lege mich ins Bett, verziehe mich in ein stilles Kämmerchen oder ins Badezimmer, mache ein Nickerchen. [e] Ich fühle der Angst in meinem Körper nach, ohne darauf zu reagieren. Angst ist nur eine Energie in meinem Körper. Sie kann mir nichts tun, wenn ich nicht vor ihr weglaufe. 
  8. Ich widerstehe dem Drastifizieren und Katastrophisieren des inneren Kritikers. [a] ich nutze die Technik des „Gedankenstopps“, um den unaufhörlichen Übertreibungen der Gefahr von seiten des Kritikers und seinen Versuchen, das Unkontrollierbare zu kontrollieren, Einhalt zu gebieten. Ich weigere mich, mich zu schämen, mich zu hassen oder mich selbst im Stich zu lassen. Ich kanalisiere die Wut der Selbstverletzung in ein »NEIN!« zur unfairen Selbstkritik des Kritikers. [b] Ich nutze die Technik der „Gedankensubstitution“ und der „Gedankenkorrektur“, um negative Gedanken durch eine auswendig gelernte Liste meiner guten Eigenschaften und Leistungen zu ersetzen.
  9. Ich erlaube mir zu trauern. Flashbacks sind Gelegenheiten, alte, unausgesprochene Gefühle der Angst, Verletztheit und Verlassenheit freizusetzen. Ich würdige und mildere die vergangenen Erfahrungen der Hilflosigkeit und Verzweiflung meines „inneren Kindes“. Eine gesunde Trauer kann meine Tränen in Selbstmitgefühl und meine Wut in Selbstschutz verwandeln.
  10. Ich pflege sichere Beziehungen und suche Unterstützung. Ich nehme mir Zeit für mich, wenn ich das brauche, aber ich isoliere mich nicht aus Scham. Wenn ich mich schäme, heißt das nicht, dass es etwas gäbe, wofür ich mich schämen müsste. Ich kläre meine Vertrauten über Flashbacks auf und bitten sie, mir bei dabei zu helfen, mich durch sie hindurch zu reden und zu fühlen.
  11. Ich lerne herauszufinden, welche Trigger bei mir zu Flashbacks führen. Ich meide potenziell bedrohliche Menschen, Orte, Aktivitäten und triggernde Denkprozesse. Wenn triggernde Situationen unvermeidbar sind, ergreife ich mit diesen Schritten vorbeugende Maßnahmen.
  12. Ich finde heraus, wohin meine Flashbacks mich zurückführen. Flashbacks geben mir die Gelegenheit, vergangene Verletzungen aus Missbrauch, Misshandlungen und Vernachlässigung zu erkennen, zu würdigen und zu heilen. Sie zeigen mir auch, welche meiner Bedürfnisse noch unbefriedigt sind, und können mich dazu motivieren, sie zu befriedigen.
  13. Ich bleibe geduldig, wenn meine Heilung nur langsam vorankommt. Es benötigt Zeit in der Gegenwart, den Adrenalinspiegel herunterzufahren, und noch mehr Zeit in der Zukunft, die Intensität, Dauer und Häufigkeit der Flashbacks nach und nach zu verringern. Echte Heilung ist ein allmählich fortschreitender Prozess (in dem auf zwei Schritte nach vorn oft ein Schritt zurück folgt), keine verwirklichte Heilungsfantasie. Ich geißele mich nicht dafür, einen Flashback zu haben.
Weitere Selbsthilfetools in: Walker, Pete: Posttraumatische Belastungsstörung - Vom Überleben zu neuem Leben: Ein praktischer Ratgeber zur Überwindung von Kindheitstraumata. Narayana Verlag.

Kreativgruppe "WG 6", 07.03.2025

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